Silberschild 2022 – Hitzeschlacht in Dortmund: 3., 2., 1.?
Anfang Oktober 2021 kamen wir beim Silberschild 2021 in Bad Kreuznach „wie Phönix aus der Asche“ und belegten überraschend aber verdient den 3. Platz. Wir waren das „sympathische Team", das bei seiner ersten Turnierteilnahme einen „traumhaften Einstand" hatte. Schnell wurde anschließend die WhatsApp Gruppe in Silberschild 2022 umgetauft und die Planungen begannen ab Februar für das nächste Turnier, das vom Westendeutschen Verband für den 18./19.06.2022 bei der TSC Eintracht Dortmund organisiert wurde. Sympathisch wollten wir bleiben, aber uns war klar, wir waren heiß wie Frittenfett auf das nächste Turnier und das Halbfinale wurde als Mindestziel ausgerufen.
Entsprechend motiviert starteten wir die Vorbereitung Ende Mai mit einem Vorbereitungsspiel gegen die deutlich jüngeren 1. Herren vom HC Hannover, die sich am Ende die Augen rieben, weil wir "aus der kalten Hose heraus" ein 6:1 ablieferten. Unser Team zeigte sich wieder sehr homogen und die Neuzugänge konnten wunderbar integriert werden. Keine 3 Wochen später zeigten uns die 2./3. Herren des Braunschweiger THC die Grenzen auf und schenkten uns richtig einen ein. Einerseits eine Euphoriebremse zum richtigen Zeitpunkt, aber andererseits ein positiver Härtetest, weil wir wussten, dass uns beim Silberschild Gegner in unserer Altersklasse herausfordern sollten.
Zur Teambildung, Klimarettung und um Putin symbolisch den berühmten Finger zu zeigen, kamen die Hannoveraner auf die tolle Idee mit dem 9-€-Ticket nach Dortmund zu fahren. Im Zug wurden nur zwei Dinge vermisst. Zum einen hatten die Braunschweiger eine weitere WhatsApp Gruppe gegründet und fuhren mit Pkw. Zum anderen herrschte im Zug Alkoholverbot. Letztendlich trafen sich am Freitagabend 17 hochmotivierte Spieler zum gemeinsamen Carboloading in einer Trattoria in Dortmund. Der warme Sommerabend kündigte schon an, was uns am Samstag erwarten sollte; nämlich eine Hitzeschlacht mit Temperaturen von deutlich über 30°C.
Schon 24°C beim Frühstück um 8:00 Uhr in dem schönen Hotel, welches nur wenige Minuten von der tollen Platzanlage mit einem neuwertigen Kunstrasen entfernt war, der Ausblick auf 4 Spiele von zweimal 15 Minuten und das noch einmal in der Teambesprechung durch Karsten "Lessi"
Leßmann ausgegebene Ziel HALBFINALE sorgte doch bei dem einen oder anderen zu etwas Respekt und Nervosität hinsichtlich der kommenden Aufgaben.
Zur Beruhigung sorgte bereits, dass Hessen, als Mitfavorit in unserer Gruppe, gegen den Debütanten Mitteldeutschland direkt vor unserem ersten Spiel nur 0:0 spielten. Anschließend kamen wir gegen Rheinland-Pfalz/Saar überraschend gut ins Spiel und hatten mit dem 3:0 nicht nur die ersten drei Punkte eingefahren, sondern schon etwas für das Torverhältnis getan. Wir wussten, dass das nächste Spiel gegen Baden-Württemberg eine Vorentscheidung sein könnte und gingen nochmals hochmotiviert in das Spiel hinein. Prompt gelang die frühe Führung, aber auch der ernüchternde Ausgleich. Die erneute Führung konnte bis fast zum Ende gehalten werden. Dann meinte aber der Schiedsrichter nach einem Zusammenstoß im Schusskreis auf Ecke entscheiden zu müssen, die leider der Gegner der letzten Sekunde zum 2:2 nutzte. Anschließend zeigte sich der Teamgeist der tollen Truppe. Es gab keine Schuldzuweisungen, sondern nur motivierende Worte.
Die kurzen Pausen nutzten wir zur Regeneration bei den Temperaturen jetzt um 34 °C. Unser großer Organisator Carsten "Rasy" Rasehorn versorgte uns mit etlichen Litern Apfelsaftschorle und Tonnen von Bananen sowie getreu dem Wappentier und unserem Schlachtruf „Hü-Hott“ mit einem Sack Mohrrüben (!), deren ernährungswissenschaftlicher Nutzen im Sport noch verkannt wird.
Heiß im wahrsten des Wortes waren wir dann auf das 3. Spiel gegen Mitteldeutschland. Wir wollten in diesem Spiel nicht mehr nur sympathisch, sondern in erster Linie torhungrig sein. Von der 1. Minute schafften wir es, uns Respekt zu verschaffen, hatten ein wenig los Glück, dass der Gegner schon das 4. Spiel absolvierte, so dass er sich trotz großem Kampf uns mit einem 3:1 beugen musste.
Damit war das Halbfinale eigentlich aufgrund des guten Torverhältnisses schon erreicht. Nach kurzer Pause gab es im Spiel um den Gruppensieg gegen Hessen ein 0:0, das von einer Verletzung von Gabor Zulauf-Hennersdorf überschattet war, die sich letztendlich im Krankenhaus „nur“ als ordentliche Platzwunde am Kinn herausstellte. Die Erleichterung war sämtlichen Turnierteilnehmern anzumerken, als Gabor am späteren Abend sogar noch etwas vom tollen Buffet des Gastgebers essen konnte.
Erst langsam wurde es uns bewusst, dass wir unser Mindestziel erreicht hatten. Der sympathische Überraschungsdritte vom letzten Jahr war endgültig im Wettbewerb Silberschild angekommen. Allerdings sollen vereinzelt Spieler anderer Mannschaften sogar schon zurecht die Nase gerümpft haben, weil sie mitgekommen hatten, dass wir gegen Mitteldeutschland wegen des Torverhältnisses gerne noch ein oder zwei Tore mehr geschlossen hätten.
Am Sonntag startete bei etwas kühleren Temperaturen der große Kampf im Halbfinale gegen den Landesverband aus Bayern, der in diesem Jahr wieder neu in den Wettbewerb eingestiegen war. Es entwickelten sich spannende Zweikämpfe, wobei das Bruderduell Gramann hervorzuheben wäre. Das Duell zweier gleichwertiger Teams, die sich körperlich auf der letzten Rille bewegten, ging Richtung Siebenmeterschießen als Lessi seinen großen Auftritt hatte. Schon zuvor hatte er sich lediglich aufgrund seiner Knieprobleme immer nur kurz eingewechselt, wenn es bei einem Angriff nach Strafecke roch. Wie schon im ersten Gruppenspiel gegen Rheinland-Pfalz schlug sein Schuss halb hoch ein. Das Finale war erreicht und der Jubel groß.
Gegen Berlin, die sich zuvor gegen die leicht überlegenen Hessen durchgesetzt hatten, war das Motto klar. Ein Spieler, der das Ding jetzt nicht holen wollte, war fehl am Platze. Wir mussten allerdings anerkennen, wie die Berliner über sich hinauswuchsen und uns läuferisch sowie mit gekonntem Kombinationsspiel den Schneid abkauften. Erst nach dem 0:2 konnten wir die Schockstarre verlassen und erzielten den verdienten Anschlusstreffer. Mit letzten Kräften gelang schlussendlich nicht mehr der Ausgleich und die Berliner holten sich zum wiederholten Male das Silberschild.
Nach kurzer Niedergeschlagenheit beglückwünschten wir unseren Gegner aus vollem Herzen, feierten mit ihnen bereits auf dem Platz und bildeten als große Geste bei der Siegerehrung ein Spalier, was uns bei den Berlinern und anderen Turnierteilnehmern große Anerkennung verschaffte. Das Ziel für 2023 wurde umgehend vorgegeben: 3., 2., 1.!
Die Hannoveraner gaben anschließend in der gemeinsamen Zugfahrt mit den Berlinern noch alles und verabredeten in einer Bierlaune, dass das Silberschild 2024 Niedersachsen ausgerichtet wird. Auf dem Hauptbahnhof in Hannover bildeten die Berliner als Dank für die Geste bei der Siegerehrung ebenfalls ein Spalier. Gemeinsam wurde lauthals „Ein schöner Tag“ gesungen, wobei die Zeile „… und jeder Traum zum Greifen nah…“ von den Niedersachsen umgedichtet wurde in „… das Silberschild zum Greifen nah …“. Die anderen Reisenden waren total begeistert, dass in der Hockeyfamilie Sieger und Unterlegene so zusammen feiern.
Am Ende waren wir dann doch wieder das sympathische Team, das seinen Traum weiterlebt und dazu den besten Schlachtruf aufs Feld bringt:
Hü Hott!
Knut Meyer-Degering
|